Aus dem heutigen Bewerbungsmarathon nicht mehr wegzudenken – jeder Karriere-Suchende tritt auf dem Weg zur neuen Wunschbeschäftigung mit ihnen in Kontakt: Personaldienstleister und/oder Personalberater bzw. “RecruiterInnen” im Allgemeinen.
Die Zeiten, in denen die AbteilungsleiterInnen mittlerer bis großer Unternehmen das Recruiting nebenbei selbst erledigten, sind vorbei. Doch bedeutet das auch einen Zugewinn an Qualität im Recruiting? Schwammige oder gar keine Rückmeldungen auf Bewerbungen, unvorhergesehene Absagen und lange Wartezeiten zählen nach wie vor zum Alltag der Stellensuchenden. Wo hält sich die Qualität des Recruitings also versteckt und was bedeutet überhaupt “Qualität” in diesem Kontext? Dies insbesondere in einer Welt, in der Karrieredatenbanken, Networkingplattformen oder, kurz gesagt, das Internet schlechthin, hunderten Personen täglich die Möglichkeit geben, mit (einzelnen) PersonalistInnen in Kontakt zu treten – zu einer einzigen Stelle wohlgemerkt. Das Thema einer individuellen Betreuung steht damit vor ganz neuen (und mittlerweile schon wieder alten) Herausforderungen.
Ich lade Sie daher dazu ein, mir auf eine kurze Gedankenreise über die Quantität und Qualität des Recruitings zu folgen…
Nach einigen tausend Bewerbungsgesprächen als Recruiter fiel mir auf, dass man zwischen der äußeren Sphäre der Qualität und jener im Hintergrund vorhandenen Professionalität der Leistung unterscheiden muss. Karriere-Suchende wünschen sich in erster Linie:
- eine rasche und transparente Rückmeldung sowie
- eine (selbstverständlich) wertschätzende Behandlung ihrer Person.
Soweit so gut – doch sind das nicht eigentlich in jedem Dienstleistungsbetrieb selbstverständliche Grundvoraussetzungen, die branchenunabhängig gelten? Und sagt das alleine schon alles über die Qualität aus? Ich meine: nein! Eher stellen obige Punkte Grundvoraussetzungen für alles Weitere dar. Blicken wir daher hinter die Kulissen des modernen Recruitings – welche Qualitätsstandards sind heute für den Erfolg absolut unentbehrlich und spielen sich normalerweise hinter verschlossenen Türen ab?
Feedback & “Feel Good” Faktor
Wie erwähnt, haben BewerberInnen ein Recht auf rasches und transparentes Feedback. Sollte dies nicht möglich sein, ist ein Zwischenbescheid ein Muss. Besonders bei Personalvermittlern & -dienstleistern gilt außerdem: KandidatInnen können schon morgen für eine neue Stelle ins Rennen gehen, weshalb auch eine Absage niemals zu einer Enttäuschung für die Betroffenen werden darf. Der Job des Dienstleisters ist es, Sie mit passenden Stellenangeboten zu konfrontieren und Ihnen die Arbeit des Bewerbens abzunehmen.
Grundsatz: Valide, objektive Methodik in der Personalauswahl
Recruiting ist kein Kaffeekränzchen – grundsätzlich existieren zahlreiche psychologische Modelle aus dem Bereich der Eignungsdiagnostik, die durch unzählige Studien in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich belegt wurden. Diese sind zudem sehr gut lehr- und lernbar und erfordern kein gesondertes Studium. ProfessionistInnen in der Personalauswahl sollten hier fachlich fit, up to date und trainiert sein, wie ein/e SportlerIn vor einem wichtigen Wettkampf.
Professionelle Anforderungsanalyse
“Was sind die Erfolgskriterien für die konkrete Position in fachlicher, sozialer oder persönlicher Hinsicht? Welches Umfeld herrscht räumlich und menschlich? Welche Perspektiven gibt es?” Die Abklärung dieser und zahlreicher anderer Fragen mit Führungskräften sind Grundvoraussetzung, um BewerberInnen Rede und Antwort stehen zu können und überhaupt erst die “richtigen” KandidatInnen ins Gespräch zu bekommen und zu identifizieren. Dieser sehr interessante Teil des Recruitings ist für die KandidatInnen im Regelfall völlig unsichtbar, da er weit über die Inhalte hinausgeht, die sich in einem Stelleninserat befinden. Je sorgfältiger die Anforderungen evaluiert wurden, desto einfacher fällt es, den richtigen Match für KandidatIn und Führungskraft herbeizuführen.
Wissenschaftliches Interview- & Auswertungsverfahren
Das hier in aller Kürze einfach als “strukturiertes Interview” bezeichnete Gespräch, weist einschlägigen Studien zufolge, nach wie vor eine der höchsten Validitäten für die Personalauswahl auf. Die letzten zwei Generationen an PsychologInnen haben sich diesem Thema gewidmet und gut erlernbare Techniken ausgearbeitet, so dass sehr gute RecruiterInnen in über 80% der Besetzungen richtig mit ihren Prognosen liegen. Gesprächs- und Fragetechnik, Standardisierung und so viel Praxis wie möglich sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Reine Fachkompetenz des Interviewers auf dem Gebiet der zu besetzenden Stelle ist natürlich immer hilfreich, bildet aber einen überraschend kleinen Vorteil für die Auswahl oder kurz gesagt: Ohne vernünftige Interviewtechnik geht im Recruiting nichts. Daniel Kahneman, Psychologe und Nobelpreisträger, kommentierte dazu schon vor Jahren, dass die Personalauswahl nach “Bauchgefühl” (selbst durch Experten!) nur knapp über dem Zufallsfaktor liegt, sofern keine qualifizierte Methodik angewandt wird. (An dieser Stelle eine Buchempfehlung: “Schnelles Denken, langsames Denken”).
Dokumentation
Egal, ob Sie diesen Monat mit einer oder hundert Personen über deren Berufswünsche, Werdegang & Fähigkeiten gesprochen haben – diese Informationen müssen jederzeit bei allen KandidatInnen vollständig (digital) abrufbar sein, ansonsten wären alle zuvor erhaltenen Informationen für die Katz. Entsprechende Software schafft hier Abhilfe, die Datenmenge geordnet zu protokollieren und zu dokumentieren.
Prozessmanagement
Wer befindet sich in welcher Prozessphase? Hat Herr/Frau X sich schon zurückgemeldet? Sind die Absagen im Projekt Y schon raus gegangen? Ist das Feedback zu den KandidatInnen bei Herrn/Frau Mayer schon eingelangt? Der menschliche Geist ist begrenzt und verliert bei mehreren Aufgaben schnell den Überblick. Dutzende Projekte mit zahlreichen Teilschritten lassen ein klares Projektmanagement Tool zur Grundvoraussetzung des modernen Recruitings werden.