Haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, die junge Generation ist unzuverlässig, arbeitet schlampig und kann sich nicht konzentrieren? Oder stehen Sie auf der anderen Seite und können einfach nicht begreifen, wie borniert und stur man an nicht funktionalen Systemen festhält? Meinen Sie, dass Sie für Ihre Leistung oder Ihre Arbeitszeit bezahlt werden sollten? Diese Fragen und noch vieles mehr zeigen sehr deutlich den Unterschied zwischen Digital Natives und Digital Immigrants auf.
Was sind Digital Natives oder Immigrants?
Die Trennlinie zwischen diesen Begriffen ist ganz einfach zu ziehen: In ihrem 2008 erschienenen Buch „Born Digital“ beschreiben John Palfrey und Urs Grasser Digital Natives als erste Generation, die von klein auf mit digitaler Technologie wie Handy, E-Mail, Internet und Instant Messaging aufgewachsen ist.
Digital Immigrants hingegen sind Personen, die damit nicht aufgewachsen sind und nun damit arbeiten. Diese Unterscheidung ist ja nett. Aber wozu gibt es sie?
Ist das alles nur Getue oder gibt es wirklich einen Unterschied?
„Stell den Fernseher ab! Du kannst nicht lernen, während das Ding läuft.“ Diesen Satz haben Digital Natives bereits in ihrer frühen Jugend gehört. Je später ein Mensch Digitales in sein Leben gelassen hat, desto mehr muss er seine Umwelt adaptieren, um damit arbeiten zu können. Deswegen sehen und erleben Digital Immigrants die Welt nicht nur anders – sie interagieren auch anders damit. Das Ausdrucken von E-Mails oder Webseiten, um Rechtschreibkorrekturen durchzuführen, gehört genauso dazu wie eine Webseite in einem Meeting herzuzeigen, anstatt einfach die URL zu versenden. Primär sind unter Digital Immigrants Personen gemeint, deren Geburtstag vor 1970 liegt.
Im Gegensatz dazu langweilen sich Digital Natives, wenn sie nur eine Aufgabe auf einmal durchführen sollen. Sie denken viel vernetzter und teilweise auch schneller. Die Art, wie sie Informationen empfangen, unterscheidet sich sehr stark von der vorangegangenen Generation. Der frühe Kontakt zur digitalen Welt und die Nutzung der Möglichkeiten wie digitale soziale Interaktion, gleichzeitiger Konsum von geschriebenem und Bewegtbildformaten haben dafür gesorgt, dass diese Gruppe sich in Denken und Handeln ganz stark von klassischen Digital Immigrants unterscheidet.
Worauf müssen sich Unternehmen einstellen?
Digital Natives funktionieren schlecht in starren, hierarchischen Systemen. Sie benötigen sofortige und häufige Belohnung. Für sie steht Selbstverwirklichung an erster Stelle. Und natürlich unterscheiden sich Nutzung und Akzeptanz von digitalen Inhalten und Produkten stark von altbekannten Systemen.
In seinem Bestseller „Wikinomics“ beschreibt Don Tapscott die Folgen für die Wirtschaft: Während Generationen davor sehr langfristig gedacht haben, steht bei den Digital Natives der schnelle Gewinn im Vordergrund. In seinem Buch führt er diese Einstellung unter anderem auf Computerspiele zurück, bei denen diese Kinder von klein auf gelernt haben, dass sie durch schnelle Reaktion und Anpassung weiterkommen. Entschieden sie sich falsch, war „Game over“ und sie starteten erneut. Auf diese Einstellung lässt sich vielleicht auch der Start-up Hype zurückführen. Der Versuch, ein Unternehmen zu
gründen. Die Spannung, aber auch die leichte Trennung – etwa durch Verkauf oder Schließung, wenn nichts daraus geworden ist.
Wie sollen also Unternehmen mit Digitales Natives umgehen?
Diese Frage beschäftigt Experten rund um den Globus. In klassischen Strukturen sind sie unzufrieden und können sich nicht niederlassen. Sie haben auch keine Angst davor, arbeitslos zu sein und mit weniger Geld auskommen zu müssen. Schließlich ist diese Generation sehr ungebunden und unabhängig. Ein 9 to 5 Job wäre ihr Albtraum.
Es gibt viele Ansätze. Mit Lockerung von Unternehmensrichtlinien hinsichtlich Home Office, Bring your own Device-Regelungen und vielem mehr können Arbeitsplätze attraktiver gestaltet werden. Auch flachere Hierarchien und andere Managementstile wie z.B. der Kooperative Führungsstil tragen dazu bei, auch in Zukunft High Potentials für Ihr Unternehmen gewinnen zu können.